Hallo Nordhalbkugel!

Per Taxi zum Cotopaxi…

… hätte der Beitrag lauten können – in Wirklichkeit sind wir aber gar nicht Taxi gefahren, weil’s viel zu teuer ist. 😉

Am Cotopaxi waren wir aber tatsächlich! Die Wetterprognosen für die Gegend sahen zwar alles andere als berauschend aus, aber wir mussten es trotzdem versuchen. Wenn man schon mal in der Nähe eines der…

höchsten aktiven Vulkane der Erde

…ist. Dazu ist er dann auch noch wunderschön, weil perfekt symmetrisch. Aber eben nur, wenn man überhaupt was sieht so weit oben. Der stark vergletscherte Kegel erhebt sich nämlich aus der umliegenden Hochebene um weitere 2500m und kommt so auf stolze 5897m Höhe. Ganze zwei Meter höher als der Kilimanjaro, höchster Berg Afrikas. Als ich vor zwei Jahren auf den gegenüberliegenden Iliniza Sur geklettert bin, hab ich im Schneesturm davon natürlich gar nix gesehen. Das sollte sich nun hoffentlich ändern!

Zu hause hatte man schon Angst, wir kämen wieder auf die Idee, die Steigeisen einzupacken, um dem Cotopaxi, einem der meistbesuchtesten Berge Südamerikas, gleich auf’s Haupt zu steigen – aber falsch gedacht. Freunde der vor Lebenskampf strotzenden Nahtoderzählungen, zwischen Gletscherspalten und steilen Klippen, kommen also bei diesem Beitrag nicht auf ihre Kosten! Weiterlesen lohnt sich aber trotzdem! 😉 

In allen Agencys in ganz Ecuador wird dieser Prestige-Berg angeboten. Alle möglichen geführten Tages-Touren in den umliegenden Cotopaxi-Nationalpark oder gleich eine Besteigung – für den großen und viel zu großen Geldbeutel ist alles dabei.

Wir entschieden uns deshalb (und weil’s eh Spaß macht) für die “Do-it-yourself”-Variante. Diese Variante wird umso kniffliger, je abgelegener der Zielort ist. Der im Vergleich zum südwestlichen Nationalpark-Haupteingang wenig besuchte Nordeingang ist so ein Ort. Wenn er sich zwischendurch mal zeigen sollte, wollten wir einen möglichst guten Blick in Richtung des Vulkans und genau den hat man im Norden.

Es wurde die erwartete Bus-Bus-Collectivo-Schnitzeljagd.

Hier einer der absoluten Südamerika-Klassiker: Wir sind im Bus. Vorne am flackernden Minibildschirm läuft ein Film. Aus den nachgerüsteten, schranzigen Boxen dröhnt die Filmmusik, was aber den Fahrer trotzdem nicht davon abhält, das Radio gleichzeitig Vollgas aufzudrehen. Der Typ neben mir hat seinen Mini-Ghettoblaster dabei und macht was? – Genau! Dreht wiederum seine Musik volle Kanone auf und beschallt den Bus, was seine Freundin ganz lustig findet.

In unseren Landen wäre da schon so mancher ausgetickt und hätte den Busfahrer und den Typ neben mir abgewatscht. Hier aber ist das ganz normal und scheint niemanden zu stören! 

Gerade noch so dem Tinnitus entkommen, kamen wir dann irgendwann, in der für uns eigentlich viel zu pompösen Chilcabamba-Lodge am Rande des Nationalparks, an.

So viel Luxus waren wir nach den zwei Monaten gar nicht mehr gewohnt. Es gab von allem zu viel: Zu viel Platz, zu viele Betten, zu viele Fenster, usw.. Lowbudget funktioniert hier draußen nicht mehr, so ganz ohne Hostels und nur wenigen verstreuten und durchwegs edlen Unterkünften. 

Nachdem alle Sachen im unendlichen Raum verstaut waren und wir den weiten Weg aus dem Zimmer wieder gefunden hatten, schnappten wir uns die Räder des Hauses und gingen auf Erkundungstour. Vom Cotopaxi bisher weit und breit keine Spur. Da wo er eigentlich stehen sollte – nichts als Nebel und Wolken. War eigentlich eh fast klar. Je weiter wir die Kopfsteinpflaster-Ruckelpiste die Hochebene runter fuhren, umso besser wurde das Wetter, zumindest in dieser Richtung.

Mehr als zehn Kilometer Federgabelteststrecke bergab und kribbelnde Handgelenke lagen hinter uns, als wir im tief eingeschnittenen Tal nur noch zu Fuß weiter konnten.

Sogar geklettert wird hier unten:

Es folgte die Rückfahrt und die grauenhafte Erkenntnis, dass man alles was man bergab gefahren ist, auch wieder hoch fahren muss. Antjes Herkunft wurde ihr zum Verhängnis. Im spiegelflachen Burgenland aufgewachsen, musste sie bisher noch keinen einzigen Meter bergauf radeln, was sich jetzt bitter rächen sollte! 😉

Die Belohnung wartete oben auf dem Hochplateau. Dramatik pur! Wir quälen uns die letzten Meter den Berg hinauf und ich denke mir eh schon insgeheim “schaut ja gar nicht mehr so arg bewölkt aus hier oben…”.

Und dann stand er da – in voller Pracht zum Sonnenuntergang und nur von ein paar Restwolken geschmückt:

Bild oben: Ich – beim ca. 100sten Foto, Bild unten: Das Ergebnis. Bild im Bild quasi! 😉

Zurück in der Lodge knurrten die Mägen. Das dekadente Abendessen (fünf Gänge) wurde vom Koch persönlich Gang für Gang am Tisch anmoderiert. Nur das Beste vom Besten, aus lokalem Anbau, usw. Unsere Augen wurden immer größer und größer, während der Kellner wieder einen neuen Gang an uns vorbei- und am Nachbartisch kredenzte!  Nach einem Blick in die Karte, hatten wir uns nämlich entschieden, unser Mitgebrachtes im Zimmer zu verputzen und bloß zwei völlig überteuerte Pils an der Bar zu trinken. 😉

Nach einer windumtosten Nacht und einem hervorragenden Frühstück mit Kolibribegleitung (Bild oben) am nächsten Morgen fragte uns der freundliche Betreiber nach unseren weiteren Plänen und bot uns für 100 Dollar einen Rücktransport per Shuttle nach Quito an. Ist bei den normalen Gästen ohne eigenes Gefährt hier oben so üblich. Wir lehnten dankend ab und waren nach zwei Busfahrten, zweieinhalb Stunden und 4 Dollar weniger in der Hose wieder in der Hauptstadt. 😉


Leute, die gerne stundenlang ins Lagerfeuer schauen oder den Wellen am Meer zusehen, kommen hier auf ihre Kosten:

Die Aufnahme entstand direkt neben unserer Lodge – morgens, nach dem Aufstehen, am 15.10.2017. Dauer der Originalaufnahme: 10 Minuten, hier im Video 8-fach beschleunigt. Kurz danach war er wieder verschwunden, der Cotopaxi!


Nach einer weiteren Nacht in Quito hieß es dann vorerst Abschied nehmen – aber noch nicht von Ecuador, sondern von der Südhalbkugel! Der namensgebende Äquator verläuft nämlich knapp oberhalb der Stadt quer durchs Land. 

Letzter Stopp für uns:

OTAVALO

Entspannte, sehr traditionelle, supernette Einheimische, Wasserfälle, Kraterseen, Vulkane und samstags der größte Kunsthandwerks-Markt Südamerikas warteten dort. Klingt super und das war’s auch:


Für alle, die mal vorhaben sollten, Südamerika kennen lernen zu wollen, aber leider nicht viel Zeit haben – denen können wir Ecuador wärmstens empfehlen! Auf so engem Raum bietet dieses Land alle Highlights des Kontinents, von Anden-Traumlandschaften über wunderschöne Strände bis runter zum Amazonas-Dschungel ist für jeden was dabei. Wer dem Ganzen dann noch die Krone aufsetzen will, fliegt auf die Galapagos-Inseln.

Für uns begann nun der ungewisse Teil unserer Reise – KOLUMBIEN. Viel Schlechtes hört man über die Medien über dieses im Umbruch befindliche Land. Sehr viel Gutes haben wir von anderen Reisenden gehört und über kein Land haben wir uns im Vorfeld weniger informiert. 😉


Tequilafreie Grüße aus Yucatan, Mexiko – hier in Las Coloradas, dem Ort mit den pinken Seen 🙂

Ein Gedanke zu „Hallo Nordhalbkugel!

  1. wie gewohnt, super Reportage mit beeindruckenden Bildern. Sagenhaft, wie sich die Wolken am Cotopaxi zuerst auflösen, um dann am rechten Bildrand quasi aus der Erde kommend, sich neu zu bilden.

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